Die Tracht


Der sichtbarste Ausdruck ihrer Volkslebendigkeit war wohl die Tracht, d. i. die bäuerliche Kleidung der Haudörfler, und hier ganz besonders die Kleidung der Mädchen und Frauen. Die bäuerliche Volkstracht hat sich seit jeher vom städtischen Habit unterschieden, war nicht wie dort modischen Einflüssen unterworfen, war die dem Landvolk ureigene Kleidung, selbst geschaffen aus Sitte und landschaftlicher Eigenart. Wenn heute beispielsweise bei Commerzveranstaltungen für den Fremdenverkehr Trachtenumzüge als Attraktion herhalten müssen und die Kleidungsstücke nach getaner Arbeit wieder in den Schränken abgelegt werden, bildete im Gegensatz dazu die Tracht in unseren Heimatdörfern nicht nur sonntags die selbstverständliche Kleidung, ja man trug sie sogar unbehindert bei der täglichen Arbeit. "Diese konservative bäuerliche Haltung rührt aus der Verwurzelung mit dem Boden und Symbole dieses Wesens sind die Jahrhunderte hindurch erhaltenen Trachten, Lieder, Tänze, aber auch die Bauweise und – die religiöse Haltung".

Die Männertracht war, besonders nach dem Ersten Weltkrieg, fast völlig verschwunden. Aus dem beigefügten Hochzeitsbild ist ersichtlich, daß bis dahin auch in der Männertracht ein einheitlicher Stil gewahrt wurde. Doch setzte um diese Zeit eine förmliche Wanderbewegung ein, die Burschen suchten sich mehr und mehr in den westlichen Industrieländern Arbeitsplätze, wo sie sich zeitgemäß kleideten und, nach Hause zurückgekehrt, nicht mehr zur alten Tracht zurückkehrten.

Nicht so bei den Mädchen! Auch sie waren oft auswärts tätig, konnten dort natürlich nicht in ihrer ländlichen Kleidung erscheinen, doch sobald sie die Heimat wieder sah, langten sie alsbald wieder zu ihrer angestammten Kleidung und – sahen stattlicher aus!



Die Mädchen- und Frauentracht war in den Sprachinseldörfern im wesentlichen ziemlich einheitlich, wenn auch dem aufmerksamen Beobachter von Ort zu Ort kleine Unterschiede auffallen mußten. "So konnte man auf dem Wochenmarkt in Kremnitz mühelos die Herkunft der Frauen nur nach ihrer Tracht feststellen" (Dr. J. Hanika).

Die Trachten wurden zu Hause hergestellt und jede Frau war ihre eigene Schneiderin. Als Unterkleidung trug man ein aus hausgemachter Leinwand ärmelloses Hemd, das sog. "Bändelhemd", über dem Unterrock den Schoß, welch letzter oft aus blau oder gelb bedrucktem Glanzstoff bestand, die Schürze (Fürtuch) aber war einfärbig.

Für die Bluse, das Miederchen (Moidala) nahm man reinweißes Linnen. Das Glanzstück aber war der Brustfleck (Proußleck), der mit farbenprächtigem Zierat ausgeschmückt war. Die Spitzen, besonders für die Hauben und das Moidala wurden oft noch selbst von den Frauen gehäkelt. Bei kühlerem Wetter trug man über dem Proußleck auch noch eine Jacke, Rickal (Röcklein) genannt. Ältere Bäuerinnen trugen an hohen Festtagen eine besonders reich bestickte Jacke von bestem Tuch. Dieses Kleidungsstück nannte man Kassietl (Kasel). Kassietl nähte früher ein Schneider im Oberort. Während heute noch in Kuneschhauer Familien diese Trachtenstücke vorhanden sind, ist das letztgenannte Kassietl nur noch schwerlich zu finden.


Haubenmuster auf der Nackenhaube einer verh. Frau. Lebensbaum mit Herz


Bei Festtagen trug man noch ein über der Brust gekreuztes und am Rücken gebundenes weißes Spitzentuch. Während die Mädchen barhaupt gingen, trugen die verheirateten Frauen eine Haube, in Kuneschhau und Umgebung die sogen. Nackenhaube, die mit altdeutschen Sinnbildern, meist dem Lebensbaum, verziert war. Der Drahtrahmen, (Tiemala), war im Haarschopf im Nacken befestigt, darüber dann das Kopftuch, das aber nirgends stillgebunden erschien.