Die Klöppelschule in Kuneschhau
(Aus "Heimat und Volkstum" 2. Teil: "Hauerland")
Kurz vor dem Ersten Weltkrieg, im Jahre 1912, wurde in Kuneschhau
(ebenso auch in anderen Orten rings um Kremnitz) eine Klöppelschule
gegründet.
Klöppelschulen sind Gewerbeschulen, wo das sogen. "Klöppeln"
gelehrt wird, das darin besteht, daß im Verflechten von Fäden vor
allem Spitzen, aber auch andere Gebilde, wie Deckchen u. ä. geklöppelt
werden, so, wie beispielsweise Spitzen durch Häkeln erzeugt werden
können. Geklöppelte Spitzen waren einst sehr begehrt, sind aber durch
die von Maschinen erzeugten völlig verdrängt worden.
Zum Klöppeln benötigte man ein walzenförmiges Kissen, ferner
eine Anzahl von Spulen (Klöppel), worauf Zwirn gewickelt war und
darüber ein entsprechender Hohlzylinder (damit der Zwirn durch
die Hände nicht beschmutzt wird!), ferner eine Anzahl Stecknadeln
und den sogen. Musterbrief oder eine Zeichnung.
Klöppelpolster mit den daranhängenden Klöppeln.
Die Spitzen dienten nicht nur in unseren eigenen Heimen zur
Ausschmückung von Wäschestücken, das heißt, wer noch Wert auf
heimische Wertarbeit legte, sie waren seinerzeit auch ein begehrter
Ausfuhrartikel. Der Staat kam diesem Umstand dadurch entgegen, daß er
in einigen Gebirgsorten Klöppelschulen errichtete. Der Außenhandel
wurde aber nie entscheidend beeinflußt!
Der Unterricht wurde von eigens dafür ausgebildeten Lehrerinnen
erteilt; im "Lehrplan" waren dafür 40 Wochenstunden
vorgesehen. Es gab auch kein eigenes Schulgebäude, sondern der
Unterricht wickelte sich gewöhnlich in der Privatwohnung der Lehrerin
ab, weil ja die Schülerzahl meistens sehr gering war. Waren die
Schülerinnen soweit geschult, daß sie selbständig arbeiten konnten,
verlegten sie die Klöppelarbeit in ihre eigenen Heime und lieferten die
fertige Ware in der Schule ab. Sehr fleißig mußte man sein, wollte man
an einem Tag etwa 2 m Spitzen fertigstellen. Die Entlohnung entsprach
nie der aufgewendeten mühevollen Arbeit und so kam es, daß diese
schöne Volkskunst durch die von der Maschine erzeugten
Massenware erdrosselt wurde.
Die Heimat der Spitzenerzeugung ist im heutigen Belgien, den einstigen
österreichischen Niederlanden, zu suchen. Dort, bes. aber in der Provinz
Brabant, bilden die verschiedensten Zweige der Textilverarbeitung
noch heute den überwiegenden Teil der Industrie, weltbekannt sind die Brüsseler
Spitzen. Auch im sächsischen Erzgebirge war einst die
Spitzenerzeugung heimisch. Annaberg (heute Annaberg –
Buchholz) war seit jeher Welthandelsplatz der Posamentenerzeugung
und Spitzenklöppelei. Beide Orte verdanken eigentlich dem Bergbau auf
Silber ihr Entstehen. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts aber versiegte
der Bergsegen und die nun brotlos gewordenen Bergleute waren gezwungen,
sich um andere Erwerbsmöglichkeiten umzusehen. Um nun dieser sozialen
Not zu begegnen, führte die Patrizierfrau Barbara Uttmann die in
Westeuropa bereits bekannte Kunst des Spitzenklöppelns ein und hat
dadurch bahnbrechend für die Verbreitung dieser ,,häuslichen
Kunst" in ganz Deutschland und darüber hinaus gewirkt.
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