Die Schule
Während wir durch einen glücklichen Umstand in die
Kirchengeschichte Einblick gewinnen und über das Entstehen unseres
Gotteshauses einigermaßen Aufschluß erhalten konnten, war es nicht
möglich, in der Schulchronik zu blättern und wir können unseren
Nachfahren nur das erzählen, was nach einem Vierteljahrhundert noch in
unserem Gedächtnis haften geblieben ist. In der Pfarrchronik ist schon
sehr bald ein "Kantor" erwähnt. Das war der Mann, der
vor allem dem Kirchendienst mit allen damit verbundenen Verrichtungen
verpflichtet war (cantus = Gesang) und nur, wenn Zeit blieb, den Buben
und Mädeln, die sich meldeten, bei beliebiger Zeiteinteilung Lesen,
Schreiben und Rechnen beibringen konnte. Die Unterrichtszeit war vorerst
nicht geregelt, es bestand weder Unterrichts- noch Bildungszwang. Erst
später wurde die sechsjährige Schulpflicht eingeführt, die
erst am Ende der Zwanziger Jahre dieses Jahrhunderts von der
achtjährigen abgelöst wurde. Für die Geburtsjahrgänge bis 1891 war
die Schule 4-klassig, von 1892 – 1915 – 6-klassig, ab 1916 –
8-klassig.
Zwischendurch wurden die Entlaßschüler durch 2 Jahre
wöchentlich einmal zusammengefaßt, wobei der Unterrichtsstoff
zusammenfassend wiederholt wurde, daher Wiederholungsschule,
anderswo Sonntagsschule genannt. Wir gehen nicht fehl, wenn wir
annehmen, daß, wie in anderen Orten auch, in Kuneschhau schon
frühzeitig eine Schule bestand, u. z. eine konfessionelle Schule
und da die Bewohner unseres Heimatortes sich stets zum Katholizismus
bekannten, eine römisch-katholische Volksschule. Zwar hat auch
hier die Reformation Fuß gefaßt, und in der Kirche wurde laut
Pfarrchronik vom Jahre 1705 – 1709 evangelischer Gottesdienst
gehalten, doch kehrten die Bewohner dann wieder zu ihrem ursprünglichen
Glauben zurück.
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Volksschule heute
Wo nun seinerzeit das Schulhaus oder die Wohnung des Kantors stand,
darüber können nicht einmal Vermutungen eine nur halbwegs
befriedigende Antwort geben. Doch nur so, daß, wie die Pfarrei, so auch
Schule und Wohnhaus in einem der damaligen Bauweise entsprechenden
Blockhaus untergebracht waren. Im Oberort, bei Hausnummer 44
führte eine Familie den Hofnamen "bam Schëulmasta";
mag sein, daß dieser Hinweis als Standort einer ehemaligen Schule zu
deuten sei? Nur Gotteshaus und Erbrichterhaus ragten aus der langen
Reihe der Strohdächer heraus und wie mußten sich Volk, Pfarrer und
Schulmeister in der Vertrautheit dieser schon rein äußerlich bedingten
Gemeinschaft eins fühlen: zum Segen der Gemeinde und ihrer selbst!
Im Jahre 1899, heißt es in der Kirchenchronik, wurde die röm.-kath.
Schule ver- staatlicht.
Damit war freilich die Bewohnerschaft einer großen finanziellen
Belastung enthoben, der ungarische Staat errichtete aus staatlichen
Mitteln ein primitives Ziegelgebäude, der Sachaufwand, sowie der
Personalaufwand wurde von nun an vom Staat getragen. In früheren Zeiten
mußte die Gemeinde aus eigener Tasche für den Lebensunterhalt des
"Schulmeisters" sorgen, der freilich mehr mit Naturalien als
mit barer Münze bezahlt wurde. Durch ein späteres Gesetz wurden die
Gehaltsverhältnisse der an konfessionellen Schulen angestellten
Lehrpersonen dermaßen geregelt, daß die von der Gemeinde geleisteten
Sachbezüge von Staats wegen wertmäßig eingestuft und die Differenz
zum Gehalt eines in gleicher Eigenschaft angestellten Lehrers an einer
staatlichen Schule ausbezahlt wurde.
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Gruppenbild der 7. Klasse aus dem Jahre 1936 mit Lehrer
Friedrich Maurer
Der Lehrer an einer konfessionellen Schule wurde nicht, wie heute
allgemein üblich, von einer Zentralschulbehörde bestellt, sondern von
einer örtlichen Schulbehörde, dem sogen. "Schulstuhl",
gewählt. Die Leute konnten sich demgemäß ihren Lehrer
"aussuchen" und somit war im vorhinein zwischen Volk und
Lehrer ein gewisses Vertrauensverhältnis geschaffen.
Der ungarische Staat hat nun nicht seinerzeit, wie in unserem Falle, aus
Liebe zu den Dorfbewohnern diese Lasten auf sich genommen, sondern man
verfolgte damit einen politischen Zweck, nämlich den der Entnationalisierung
über den Weg der Schule. Denn wurde an den Schulen bis zum Jahre 1867,
dem Jahr des sogen. "Ausgleichs" zwischen Österreich und
Ungarn (demzufolge Ungarn entscheidende Rechte auf kulturellem Gebiete
zugesichert bekam) ausschließlich in deutscher Sprache unterrichtet, so
wurde hernach immer mehr und mehr die deutsche Sprache aus der Schule
hinaus gedrängt, bis nach Erscheinen des berüchtigten Apponyschen
Schulgesetzes vom Jahre 1908 nur mehr die ungarische Sprache als
Unterrichtssprache gebraucht werden durfte. So manche Lehrer, die vom
Staate an unsere, von deutschen Kindern besuchten Schulen bestellt
wurden, waren oft der deutschen Sprache nur mangelhaft oder überhaupt
nicht mächtig. Diese Diskriminierung unserer Muttersprache wirkte sich
sehr nachhaltig auf unseren Heimatort aus, denn, obwohl es nicht an
begabten jungen Menschen gefehlt hätte, strebte niemand zu dieser Zeit
zu höherer Schulbildung; einer Führungsschicht hätte aber der Ort so
notwendig bedurft.
Nach dem Umsturz im Jahre 1918 übernahm der tschechoslowakische Staat
die staatlichen Schulen, somit auch unsere Schule, in eigene Verwaltung.
Damit wurde in unserer Schule auch gleichzeitig die deutsche
Unterrichtssprache wieder eingeführt und die Kinder konnten nun dem
Unterrichtsgeschehen in ihrer Muttersprache folgen. Freilich
wurden sie auch angehalten, die Staatssprache zu erlernen, wofür
je nach Altersklassen 2 – 3 Wochenstunden vorgesehen waren.
Diese schulische Veränderung hatte zur Folge, daß manche Lehrer,
besonders jene, die sich in sprachlicher Hinsicht vor zu große
Schwierigkeiten gestellt sahen, sich anderswo um Lehrstellen bewarben.
Die Lücken, die dadurch entstanden, konnten aber bald mit Junglehrern
aus dem Sudetenland aufgefüllt werden.
Unsere Schule war zuletzt 8-klassig. Da im Schulhaus nur vier
ordentliche Klassenzimmer zur Verfügung standen, mußten Notklassen
eingerichtet wer- den. Zuerst wurde das Lehrmittelkabinett ausgeräumt,
aber der Schülerstand wuchs von Jahr zu Jahr. Dann wurden zwei Zimmer
im Gemeindehaus notdürftig als Schulräume hergerichtet, ja zuletzt
mußte sogar im Wollnerhaus unweit beim Kretschn eine Klasse
untergebracht werden. Eine leichte Entlastung trat erst ein, als in
Kremnitz eine deutsche Bürgerschule errichtet wurde, die von
zahlreichen Schülern auch aus unserem Ort besucht wurde. Langjährig
wirkten an der Schule folgende Lehrer: Ludwig Jaworek als Schulleiter,
Frau Jolande Javorek, Josef und Stefanie Bäuml, Josef Fröhlich,
gleichzeitig als Organist und Katharina Fröhlich.
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Lehrkörper der Deutschen Volksschule in Kuneschhau aus
dem Jahre 1935. - Sitzend von l. nach r.: Frau Jolande Javorek,
Schul.-Insp. Jan Bornemisza, Schulleiter Ludwig Javorek. - Stehend von
l. nach r.: Karl Sittauer, Friedrich Maurer, Frau Katharina Fröhlich,
Josef Fröhlich, Organist, Josef Bäuml, Frau Stephanie Bäuml, Max
Berger
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